Anrechnung fiktiver Einkünfte - OLG Bamberg, Beschluss vom 14.11.2024
- RA Christoph Wolters
- 25. Apr.
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Dem Beschluss des OLG Bamberg lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
Das unterhaltsberechtigte Kind lebt bei der Kindesmutter. Diese bezieht für das Kind Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz. Im Verfahren macht der Freistaat Bayern übergegangene Unterhaltsansprüche gegen den Kindesvater geltend.
Dieser verteildigt sich damit, nicht leistungsfähig zu sein, da er Leistungen nach dem SGB II ( Bürgergeld ) beziehe und darüber hinaus gesundheitlich eingeschränkt sei durch leichte Depressionen und fehlende Stressresistenz.
Das OLG Bamberg entschied jedoch, dass der Kindesvater doch leistungsfähig und damit zum Unterhalt verpflichtet ist, da der Unterhaltspflichtige nicht nur nach seinen tatsächlichen Einkünften, sondern auch nach den fiktiv erzielbaren Einkünften beurteilt wird. Gemäß § 1603 Abs. 2 BGB müssen Eltern in gesteigertem Maße für den Unterhalt ihrer minderjährigen Kinder sorgen und dabei auch ihre Arbeitskraft einsetzen. Wenn der Unterhaltspflichtige eine zumutbare Erwerbstätigkeit unterlässt, können fiktive Einkünfte angerechnet werden. Dies setzt jedoch voraus, dass er sich intensiv um eine Arbeitsstelle bemüht und alle Erwerbsmöglichkeiten ausschöpft, auch bei niedrigem Einkommen oder Arbeitslosigkeit.
Der Unterhaltspflichtige trägt die Beweislast, dass er alle erforderlichen Schritte zur Einkommenssicherung unternommen hat. Im vorliegenden Fall hat der Kindesvater diese Anforderungen nicht erfüllt, da keine konkreten Erwerbsbemühungen vorgelegt wurden. Seine gesundheitlichen Einschränkungen, die er als Gründe für seine Erwerbsunfähigkeit anführte, stehen der Zurechnung fiktiver Einkünfte nicht entgegen, da er nicht ausreichend darlegte, wie sich seine Beschwerden auf seine Erwerbsfähigkeit auswirkten.
Trotz fehlender Berufsausbildung und aufgrund seiner Berufserfahrung wären dem Kindesvater Tätigkeiten in verschiedenen Bereichen möglich gewesen. Aufgrund seiner leichten depressiven Symptomatik und reduzierten Stressresistenz besteht jedoch keine Verpflichtung, eine Nebentätigkeit auszuüben, weshalb keine weiteren fiktiven Einkünfte angerechnet werden.
Dieser Beitrag wurde von Herrn Rechtsanwalt Christoph Wolters von der Rechtsanwaltskanzlei Prof. Dr. Thieler – Prof. Dr. Böh – Thieler Rechtsanwaltsgesellschaft mbH verfasst. Herr Rechtsanwalt Christoph Wolters ist seit vielen Jahren Fachanwalt für Familienrecht und darüber hinaus zertifizierter Verfahrensbeistand. In seinem Tätigkeitsfeld als Fachanwalt für Familienrecht berät und vertritt Herr Rechtsanwalt Wolters unsere Mandanten in sämtlichen Bereichen des Familienrechts. Dazu gehören unter anderem Themen wie Ehevertrag, Scheidung, Sorge- und Umgangsrecht, Adoption, Unterhalt (einschließlich Trennungsunterhalt, nachehelichen Unterhalt und Kindesunterhalt), Schutz vor häuslicher Gewalt, sowie internationale Aspekte des Familienrechts.
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