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Betreuungsrecht: Hinweise zur Verwertbarkeit von Sachverständigengutachten in Betreuungsverfahren

Medizinische Sachverständigengutachten stellen die maßgebliche gerichtliche Entscheidungsgrundlage in Betreuungsverfahren dar. Die gutachterlichen Feststellungen können sich auf verschiedene durch das Betreuungsgericht in Auftrag gegebene Fragestellungen beziehen.


Neben Feststellungen zu Betreuungsbedürftigkeit und Betreuungsbedarf kann sich das Gutachten u. a. auch auf die Frage der Beeinflussbarkeit, besondere Gefährdungslagen sowie auf die Frage der Geschäftsfähigkeit erstrecken.

Insbesondere dann, wenn - wie so oft - die Wirksamkeit einer Vorsorgevollmacht innerhalb eines Betreuungsverfahrens zu klären ist, kommt es maßgeblich auf die Frage der Geschäftsfähigkeit zum Zeitpunkt der Erstellung der Vorsorgevollmacht an.

In diesen Fällen müssen nicht selten Feststellungen zur Geschäfts(un)fähigkeit zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt - also rückwirkend - getroffen werden.


Generell sind die Ergebnisse der Gutachten damit von entscheidungserheblicher Bedeutung für

- die Anordnung der Betreuung an sich

- den Umfang der Betreuung (einzelne Aufgabenbereiche, davon umfasst ggf. auch die

freiheitsentziehende Unterbringung)

- Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts (i. d. R. für die Vermögenssorge)

- die Auswahl der Betreuerperson (Angehörige oder Berufsbetreuer)


An das Sachverständigengutachten sowie die Erstellung des Gutachtens sind deshalb grundsätzlich besondere Anforderungen zu stellen im Hinblick auf


- die Qualifikation des Gutachters

- die Qualität des Gutachtens

- die Begutachtungssituation

- evtl. die Person des Gutachters

- Einhaltung verfahrensrechtlicher Vorgaben


Sofern sich das Gutachten auf Feststellungen zu rückwirkender Geschäfts(un)fähigkeit erstrecken soll, sind an die Qualität des Gutachtens besonders hohe Anforderungen zu stellen. Dies gilt vor allem für die regelmäßig zu klärende Frage, ob dem Gutachter ausreichende und aussagekräftige medizinische Unterlagen aus der Vergangenheit zur Verfügung standen, um (verwertbare) Feststellungen überhaupt treffen zu können. In unserer Kanzlei bearbeitete Mandate zeigen, dass dies in vielen Fällen nicht der Fall ist, in Einzelfällen wird rückwirkende Geschäftsunfähigkeit sogar über Jahre hinweg festgestellt.

Die Folgen können unabsehbar sein. Zu beachten ist, dass die Frage, ob Geschäfts(un)fähigkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Vergangenheit vorlag oder nicht, entscheidend dafür sein kann, ob eine (Berufs-)betreuung angeordnet wird oder ob die betroffene Person (weiterhin) durch den/die Bevollmächtigte vertreten werden kann.


In unserer Kanzlei bearbeitete Mandate zeigen, dass Gutachten aus den unterschiedlichsten Gründen fehlerbehaftet und deshalb nicht verwertbar sind.

Beachten Sie deshalb bei zweifelhaftem Ergebnis eines Gutachtens die Möglichkeit einer spezialisierten und vor allem zeitnahen Überprüfung des Gutachtens, bevor ein evtl. nicht verwertbares Gutachten den Verlauf eines Betreuungsverfahrens bestimmt, der dann nicht mehr oder nur mit größten Schwierigkeiten rückgängig zu machen ist.



Beitrag: RAin Susanne Kilisch, München, Oktober 2024

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